Vielen Heimatfreunden wird die Ohorngasse in Leipa III, Schwora, ein Begriff sein und einige unserer Leserinnen und Leser haben früher auch dort gewohnt.
Im Sommer 2011 jährt sich der Geburtstag von Anton Ohorn zum 165. Mal, deshalb wollen wir sein Leben nachzeichnen, das sich zwischen Priester, Lehrer und Schriftsteller bewegt hat.
Anton Ohorn wurde am 22. Juli 1846 in Theresienstadt geboren, da sein Vater als k.k. Unteroffizier an der dortigen Infanteriekaserne tätig war. Als Anton 5 Jahre alt war, übersiedelte die Familie nach Böhmisch-Leipa, der Vater hatte den Militärdienst beendet und in Leipa eine Stelle als Gerichtsvollzieher angenommen. Anton besuchte in Leipa die Volksschule und später das von Augustinerpatres geleitete Gymnasium. Er wurde streng religiös erzogen, war Ministrant und so schien sein weiterer Lebensweg vorgezeichnet.
Er gab dem Wunsch seiner Eltern, besonders dem seiner tiefreligiösen Stiefmutter nach (der Vater hatte nach dem frühen Tode seiner Frau ein zweites Mal geheiratet) und trat 1865 als Novize in das Prämonstratenser Chorherrenstift Tepl bei Marienbad ein. Das schon 1193 gegründete Kloster war seit dem 16. Jhd. eine philosophische und theologische Lehranstalt und bildete Priester aus. Es wurde zum Mittelpunkt der Kunst, Wissenschaft und Kultur der ganzen Region um Eger. Als Anton Ohorn dort studierte, waren die Gebäude in dem riesigen Klosterareal bereits im Barockstil umgebaut, das Kloster verfügte über eine großartige, 65 m lange und 15 m hohe Hallenkirche, eine prachtvolle Bibliothek und mit kostbaren Fresken geschmückte Prälatur- und Konventgebäude. Die dem Kloster gehörenden Heilquellen von Marienbad und die weitläufigen Ländereien sorgten für reichliche Einnahmen.
In diesem Umfeld lebte der junge Anton Ohorn und wurde bereits mit 24 Jahren zum Priester geweiht, obwohl er schon damals Zweifel an seiner Berufung hatte.
Einige Jahre lehrte er dann an der Tepler Klosterschule, bis er von seinem Orden die Erlaubnis erhielt, in Prag Theologie, Geschichte und Germanistik zu studieren. Er schloss dieses Studium mit der Promotion zum Doktor der Philosophie ab.
Durch das Leben in Prag und seiner Hinwendung zur Literatur geriet er in einen tiefen Zwiespalt zwischen den Forderungen der Amtskirche und seiner innersten Überzeugung. Als ihn die Probleme mehr und mehr belasteten, kehrte er nicht mehr nach Tepl zurück und verließ seinen Orden.
Er ging nach Deutschland, um dort als Lehrer zu arbeiten und konvertierte zum Protestantismus. Seine Lehrtätigkeit begann in Mühlhausen, später berief man ihn als Oberlehrer an die Technische Staatslehranstalt ins sächsische Chemnitz. Er lehrte Deutsch und Literaturgeschichte und bald schon wurden ihm die Titel „Professor“ und „Hofrat“ verliehen. Zu seinem 60. Geburtstag ernannte ihn die Stadt Chemnitz zu ihrem Ehrenbürger.
Seine große Liebe zur Literatur und zur deutschen Sprache kommt in den vielen Büchern zum Ausdruck, die er neben seiner beruflichen Tätigkeit geschrieben und von 1872 an veröffentlicht hat. Über 100 Bücher sollen es gewesen sein. Heute sind 57 seiner Bücher in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig vorhanden und weitere 38 in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. In seinen Veröffentlichungen setzte er sich auch immer wieder mit den Nationalitätenkonflikten in Böhmen auseinander.
In seinem Buch „Aus Kloster und Welt – Das Buch meines Lebens“, das 1918 erschienen ist, beschreibt er seine Lebenserinnerungen.
Am 30. Juni 1924 verstarb Dr. Anton Ohorn in Chemnitz.
Die Stadt Böhmisch Leipa ehrte Dr. Anton Ohorn, der sich immer als Leipaer gefühlt hatte, indem sie eine Straße nach ihm benannte.
Anmerkung: Als mein Mann und ich im Herbst dieses Jahres bei einer Reise ins Egerland auch das Kloster Tepl besuchten, fanden wir es einsam und verlassen vor. Die Wunden, die die Herrschaft des Nationalsozialismus und später die des Kommunismus geschlagen haben, werden wohl nie mehr heilen können. Die Stiftsmitglieder wurden inhaftiert, alle Besitzungen beschlagnahmt. Die deutschen Ordensbrüder wurden 1945 vertrieben; 1950 wurde das Kloster dann aufgehoben. Es wurde zerstört und geplündert und die tschechoslowakische Armee verwandelte die Räume schließlich in eine Kaserne. Ab 1978 stand das Kloster überhaupt leer und verfiel zunehmend. Erst 1990 wurde es den Prämonstratensern zurück gegeben, jedoch in einem Zustand der Verwüstung. Derzeit sind es vier Mönche, die sich um den Aufbau der zerstörten Gebäude und der desolaten Innenräume annehmen.
Sehr viel ist schon geschehen und angesichts der Tatsache, dass das Kloster über fast keine Einkommen verfügt (die beschlagnahmten Ländereien wurden vom tschechischen Staat nicht wieder zurück gegeben) und die Renovierungsarbeiten aus Spenden finanziert werden müssen, kann man den Fleiß und die aufopferungsvolle Arbeit der Ordensmitglieder nur bewundern. Im Kloster werden regelmäßig Gottesdienste abgehalten und ganzjährig Führungen durch die Klosterkirche, die Bibliothek und die schon renovierten Räume des Klosters angeboten. Wir waren davon sehr beeindruckt.
Ingeborg Buchner-Hocke, Wien
Quellen: Wikipedia; Dr. Hantschels Heimatkunde des politischen Bezirkes Böhmisch Leipa 1911; Österreichische Nationalbibliothek, Wien; Kloster Tepl, Informationsbroschüre